München – Franz Beckenbauer droht 13 Jahre nach der WM 2006 Ärger mit der Schweizer Justiz. In Deutschland müsste sich die Fußball-Legende dagegen keine Sorgen machen.
Betrugsverdacht, Veruntreuung, Geldwäsche und “ungetreue Geschäftsbesorgung” – die Schweizer Justiz hat wegen dieser Vorwürfe ein Ermittlungsverfahren gegen Franz Beckenbauer eingeleitet. Gegen die früheren WM-Organisatoren Theo Zwanziger, Wolfgang Niersbach und Horst Rudolf Schmidt wird ebenfalls ermittelt. Auch Fedor Radmann, einstiger Beckenbauer-Intimus, gerät ins Visier der Justiz.
Im Zentrum der Ermittlungen steht eine ominöse Zahlung von 6,7 Millionen Euro des DFB für eine Gala zur WM-Eröffnung, die es niemals gab. Das war im Jahr 2002. Das Verfahren gegen Beckenbauer und Co. wurde laut Schweizer Bundesanwaltschaft am 6. November 2015 eröffnet – also 13 Jahre später.
“In Deutschland wären diese Taten bereits verjährt. Es wäre also gar nicht zum Verfahren gekommen”, so der Münchner Strafrechtsexperte Tom Heindl zur tz. Allerdings sitzt die FIFA-Zentrale bekannterweise in Zürich und darum ermitteln die Schweizer Behörden. “In der Schweiz gelten andere Verjährungsfristen. Angesichts der Höhe des möglichen Strafmaßes ist die Tat hier erst nach 15 Jahren verjährt. In Deutschland liegt die Frist bei zehn Jahren”, erklärt der Rechtsanwalt. Das sei nicht der einzige Unterschied zwischen Schweizer und deutschem Recht.
In Deutschland gibt weder Untreueverdacht noch Betrugsverdacht
Das Delikt der ungetreuen Geschäftsbesorgung gibt es hierzulande laut Heindl nicht. In Deutschland gebe es entweder einen Untreueverdacht oder einen Betrugsverdacht. Franz Beckenbauer werde aktuell beides vorgeworfen. “Wenn ich einen Betrug begehe, muss ich jemanden durch eine bewusste Täuschung zu einer Geldanweisung veranlassen. Demjenigen muss ein Vermögensschaden entstanden sein. Wenn ich Geld veruntreue, bekomme ich eine Summe anvertraut und verwende sie anders”, erläutert Heindl.
Die Geldwäsche sei zwar ein komplizierteres Delikt, unterscheide sich in den beiden Ländern aber nicht. “Kurz gesagt: Geldwäsche liegt vor, wenn man Geld in Umlauf bringt, von dem man weiß, dass es aus kriminellen Vortaten stammt”, so der Münchner Rechtsanwalt. Dass es erst kürzlich zur Hausdurchsuchung bei Beckenbauer kam, obwohl das Verfahren bereits im November eingeleitet wurde, wundert ihn nicht: “Das ist ein massiver Eingriff in die Privatsphäre. Da braucht man schon handfeste Beweise. Außerdem lebt Franz Beckenbauer in Österreich und die Ermittlungen gehen von der Schweiz aus. Das dauert eben.”
Österreich müsste Beckenbauer ausliefern
Beckenbauer wäre in der WM-Affäre für den theoretisch denkbaren Fall einer Anklageerhebung durch die Schweizer Bundesanwaltschaft innerhalb Europas nur in Deutschland vor einer Auslieferung geschützt. In seiner Wahlheimat Österreich wären die Behörden hingegen verpflichtet, ihn in die Schweiz auszuliefern.
Während Beckenbauer zu den Vorwürfen schweigt, fährt Zwanziger schwere juristische Geschütze auf. Sein Anwalt kündigte am Freitag an, Strafanzeige gegen die Schweizer Ermittler zu stellen.
Manuel Bonke